Predigt zur Einweihung des neuen Gebäudes der „Mittelbayerischen Zeitung“ in Regensburg am 30. April 2014 (über Sacharja 8,12-17)

So spricht der Herr: Ich sehe das Heil: der Weinstock gibt seine Frucht, das Land gibt seinen Ertrag, der Himmel gibt seinen Tau. Das alles will ich dem Rest dieses Volkes zu eigen geben, und wie ihr, Haus Juda und Haus Israel, ein Fluch unter den Völkern gewesen seid, so werde ich euch erretten, damit ihr ein Segen seid. Fürchtet euch nicht! Macht eure Hände stark! Denn so spricht der Herr der Heere: Wie ich plante, euch Böses zu tun, und es mich nicht reute, weil eure Väter mich erzürnten, spricht der Herr der Heere, so kehre dich jetzt um und plane in diesen Tagen, Jerusalem und dem Haus Juda Gutes zu tun. Fürchtet euch nicht!

Das sind die Dinge, die ihr tun sollt: Sagt untereinander die Wahrheit! Fällt an euren Stadttoren Urteile, die der Wahrheit entsprechen und dem Frieden dienen. Plant in eurem Herzen nichts Böses gegen euren Nächsten, und liebt keine verlogenen Schwüre! Denn das alles hasse ich – Spruch des Herrn.“

Hohe Festversammlung!

In Bayern haben wir zwei Gebäude, die in besonderer Weise die Geschichte unseres Landes im 20. Jahrhundert markieren. Das eine ist das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Und das andere ist das Olympiastadion in München. Beides sind Orte, an denen sich große Menschenmengen versammelt haben. In Nürnberg die großen Massen, die nichts anderes zu tun hatten, als dem Führer und Verführer der Deutschen zu huldigen – ein Gebäude der Diktatur und der Menschenverachtung. In München dagegen die fröhliche Menge, die besonders bei den Olympischen Spielen 1972 eine unvergleichliche Atmosphäre erzeugte, welche den Gästen aus aller Welt zeigte: Deutschland ist ein demokratisches Land geworden, zum Frieden fähig, zum Dialog bereit – ein neues Land, eine offene Gesellschaft.

In die Typologie und Außen- und Innenwirkung des letztgenannten Gebäudes reiht sich das neue Verlagsgebäude der Mittelbayerischen Zeitung in Regensburg ein, für das wir heute um Gottes Segen beten können.

Dieses Gebäude und besonders der zentrale Redaktionsbereich bringen durch Architektur und Struktur gut zum Ausdruck, worum es hier zu tun ist: um die Unterstützung und Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und ihrer näheren und weiteren Umgebung.

Als ich in einer Führung die neuen Redaktionsräume erstmalig besichtigen durfte, hatte ich ein gutes Gefühl. Die hochkommunikative Struktur der Arbeitsplätze in diesem Haus schafft – denke ich – gute Voraussetzungen, um der Aufgabe gerecht zu werden, die in den Worten des Propheten Sacharia formuliert wird: „Sagt unter einander die Wahrheit! Fällt an euren Stadttoren Urteile, die der Wahrheit entsprechen und dem Frieden dienen.“

Es ist zwar eher die Aufgabe ihrer Nachbarn im großen Gerichtsgebäude, Urteile zu fällen und zu richten. Aber es ist ihre Aufgabe, Geschehnisse und Vorgänge in unserer Gesellschaft darzustellen und zu beurteilen. Für die Wahrnehmung dieser Aufgabe ist mit der Erstellung des neuen Verlagsgebäudes eine schöne und hilfreiche Voraussetzung geschaffen.

Allen die in diesem Gebäude arbeiten, ist von Herzen zu wünschen, dass ihr Tun und Wirken unter Gottes Segen steht, dass sie sich vor ihm für ihr Tun und Lassen aufrichtig verantworten können.

Es ist wichtig, heute wesentliche ethische Maximen der christlich-jüdischen Tradition in Erinnerung zu bringen und Ihnen ans Herz zu legen.

Es ist genauso wichtig, Ihnen bei diesem Fest zu danken: für Ihre Offenheit im Blick auf kirchliche Anliegen und die christliche Botschaft überhaupt und für den sozialen Einsatz Ihrer Zeitung und Ihres Verlags. Sie treten ganz klar und ganz offen für ein soziales Miteinander in unserem Gemeinwesen ein und formu¬lieren dies deutlich im Geist einer christlichen Wertorientierung. Sie geben den Seelsorgerinnen und Seelsorgern der christlichen Kirchen in ihren Publikationen guten Raum, um ihren seelsorgerlichen Dienst in unserem Gemeinwesen zu erfüllen. Vielen Dank, dass wir besonders an den hohen Festen der Christenheit durch eigene Beiträge in Ihrer Zeitung unser geistliches Anliegen für die Menschen von heute formulieren und verbreiten dürfen.

Die Reichweite Ihrer Publikationen ist größer als die Frequentierung unserer Gottesdienste. Ich weiß es zu schätzen, wenn mir gesagt wird: „Sie, Herr Bischof, Sie kennt man doch aus der Mittelbayerischen!“

Herzlichen Dank für das Miteinander, das wir mit Ihnen zum Guten für unsere Mitmenschen pflegen dürfen! Wir sehen uns mit Ihnen unter die Aufgabe gestellt: „Sagt untereinander die Wahrheit! Fällt an euren Stadttoren Urteile, die der Wahrheit entsprechen und dem Frieden dienen. Plant in euren Herzen nichts Böses gegen euren Nächsten…“ Das sage ich in einer Zeit, die den Frieden und die Besonnenheit besonders nötig hat. Wir brauchen das überlegte und sorgfältige Gespräch gerade auch mit unseren Mitbürgern, die aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu uns gekommen sind. Sie sind sehr verunsichert und beunruhigt über die neue Krise zwischen Ost und West. Hier ist für uns eine klare Aufgabe gestellt, für den Frieden zu wirken. Dazu gebe uns Gott seinen Segen.

Amen.